Gutshof Öttershausen bei Volkach

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| Funktion |
Getreidelager |
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| Adresse |
Deutschland, 97332 Volkach-Öttershausen, Öttershausen 1 |
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| Geographische Lage |
49°54′13,9″ N, 10°12′55,8″ E |
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| Bauzeit |
1745–47 (Schüttbau), 1747/48 (Umbau des Winkelbaus von ca. 1585) |
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| Beteiligte Akteure |
Planung: Balthasar Neumann; Bauherr: Friedrich Karl v. Schönborn |
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| Tragwerk |
Das in Sichtweite zur Gaibacher Konstitutionssäule gelegene Ensemble besteht aus den Überresten einer ehemals großen Vierseitanlage, des Schönborn’schen Hofguts Öttershausen. Sowohl der südöstlich gelegene Winkelbau als auch der nördlich anschließende Schüttbau (auch als Querbau bezeichnet) wurden als Getreidelager konzipiert. Ersterer entstand u.a. mittels Einbau von Gewölben als Umbau aus einem Ende des 16. Jahrhunderts von der Familie Echter errichteten Wohnbaus, während der Schüttbau oberhalb eines älteren Gewölbekellers neu aufgebaut wurde. Beide Bauwerke verfügen über mehrgeschossige bewehrte Mauerwerkskonstruktionen mit geschossweisen Gewölben und verbindenden Steintreppen. Darüber erheben sich zerrbalkenlose Kehlbalkendachstühle aus Holz. |
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| Bedeutung |
Die noch verbliebenen Gebäudeteile entstanden nach Plänen des berühmten Barockbaumeisters Balthasar Neumann im Zuge des Aufbaus eines Hofguts des Würzburger Fürstbischofs Friedrich Karl von Schönborn. Für landwirtschaftliche Nutzbauten weisen sie einige außergewöhnlich ausgestaltete Elemente auf. Dies gilt etwa für das durchgehendgewölbte Treppenhaus im Schüttbau, das einerseits Durchblicke in die Lagerräume ermöglicht und zugleich adeligen Repräsentationsanspruch widerspiegelt. Technisch anspruchsvoll sind wiederum die massiven Gewölbe in sämtlichen Lagergeschossen. Deren Tragfähigkeit erhöhen innerhalb der Gewölbemauerungen verlaufende Spannanker aus Schmiedeeisen, wodurch auf aussteifende Binnenstrukturen oder Strebepfeiler am Außenbau verzichtet werden konnte. Solcherart bewehrte Gewölbe sind aus bautechnikgeschichtlicher Sicht eine Rarität und kamen überdies nach derzeitigem Kenntnisstand hier zum ersten Mal zur Anwendung. Sie entstanden früher als bislang bereits bekannte Planungen zur Bewehrungseinlage in Mauerwerk für die Abteikirche von Neresheim (1759, nicht umgesetzt) von Baltasar Neumanns ältestem Sohn, Ignaz Franz Michael Neumann, oder als die berühmte Bewehrung im Pariser Panthéon nach Plänen von Jacques-Germain Soufflot (1764/90). Die Existenz der unsichtbaren Neumann’schen Anker geriet in Öttershausen allerdings anscheinend recht bald in Vergessenheit, denn im späten 19. Jahrhundert wurden die dortigen Gewölbe zwischen den Kämpferpunkten mit „traditionellen“ eisernen Spannankern verstärkt. Auch das auf einem Kniestock aufliegende Dachtragwerk mit seinen Hängewerken und Kreuzstreben sowie seinen durch eiserne Bolzen gesicherten Verbindungen ist ein hervorragendes Beispiel für die Innovationskraft Balthasar Neumanns, in diesem Fall auf dem Gebiet der Fügetechnik im Holzbau. Durch den Einsatz von Kreuzstreben und Hängewerken konnte nämlich auf Zerrbalken verzichtet werden, wodurch auch in den Dachgeschossen die Lagerung von Getreideermöglicht wurde. Von Balthasar Neumann sind nur wenige erhaltene Nutzbauten bekannt. Unter diesen weist keiner eine vergleichbar komplexe und gleichzeitig repräsentative Ausgestaltung auf. Besonders augenfällig tritt Neumanns Ingenieurkönnen in der durchgehenden Wölbung hervor. Gleichzeitig lassen sich an dem Gebäudekomplex aber nahezu alle typischen Elemente Neumann’scher Architektur beispielhaft ablesen. |
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| Aktuelle Nutzung |
Der Gebäudekomplex ist seit mehreren Jahrzehnten ungenutzt. |
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| Denkmalstatus |
Das ehemalige Schönborn’sche Gut ist seit Ende der 1980er Jahre unter Aktennummer D-6-75-174-298 in die Denkmalliste des Landkreises Kitzingen eingetragen. |
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| Bedrohungsszenario |
Das weiterhin in Besitz der Familie von Schönborn befindliche Gut steht bereits seit Mitte der 1980er Jahre leer und verfiel seitdem zusehends. Trotz Denkmalstatus konnten mit Zustimmung der Unteren Denkmalbehörde 2011/12 weite Teile der Anlage beseitigt werden. Lediglich die als besonders wertvoll erachteten Schüttbau und Winkelbau blieben verschont, zugleich verschlechterte sich aber auch ihr Zustand infolge von Leerstand und mangelndem Unterhalt in der Folge weiter. 2021 gründete sich mit der „Interessengemeinschaft Gutshof Öttershausen e.V.“ ein Verein zur Rettung der massiv gefährdeten Restgebäude. Mittlerweile finden erste Notsicherungen statt, denen aber nachhaltige Instandsetzungsmaßnahmen folgen müssen, um die Bauwerke dauerhaft zu erhalten. Eine Finanzierung hierfür ist bislang ebenso noch nicht in Aussicht wie für die vorgeschlagene Nutzung als „Balthasar-Neumann-Forum“, einem Informationszentrum zu den Bauwerken Balthasar Neumanns. |
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| Literatur/Quellen |
[Roland Gschlößl]: „Baggerzähne zermalmen Baumeister Balthasar Neumanns Hofgut“. In: Bayerische Archäologie(2020), Nr. 4, S. 45. Mario Dorsch: Verschwundene mittelalterliche Siedlungen. Wüstungen zwischen Steigerwald, Main und der Volkach. Haßfurt 2013. Hans-Christof Haas: „Teilabbruch des Hofgutes Öttershausen“. In: Denkmalpflege Informationen (2012), Nr. 151 (März), S. 18. Hans-Christof Haas: „Bautechnisches Meisterwerk Balthasar Neumanns entdeckt: Die Schüttbauten des Schönborn’schen Hofgarten Öttershausen“. In: Denkmalpflege Informationen (2010), Nr. 147 (November), S. 41–44. |
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| Weblinks |
Eintrag bei Wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/Hofgut_Öttershausen) Interessengemeinschaft Gutshof Öttershausen e.V. (www.gutshof-oettershausen.de) Diskussionsseiten auf Stadtbild Deutschland, begonnen 18.4.2011 (www.stadtbild-deutschland.org/forum/index.php?thread/3948-volkach-schönbornscher-gutshof-öttershausen) Flug über die Ruine des Gutshofs Öttershausen, hochgeladen 30.7.2011 (https://vimeo.com/27088905; Anmeldung erforderlich) |
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| Ersteintrag |
01.07.2025 (JR/RM) |
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